Die ersten 100 Tage nach der Übernahme: Mit diesen 9 Insights gelingt Dein Einstieg ins Unternehmen
Die ersten 100 Tage nach der Übernahme eines mittelständischen Unternehmens sind entscheidend für den langfristigen Erfolg deiner externen Nachfolge. Beim New Mittelstand Summit 2025 haben erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer wertvolle Einblicke gegeben, wie du diese kritische Anfangsphase erfolgreich meisterst. Dieser Insights-Artikel ist der fünfte einer Serie und fasst die 9 wichtigsten Empfehlungen zusammen und unterstützt dich dabei, von Anfang an richtig durchzustarten.
1. Klare Kommunikation und Vertrauensaufbau
Starte deine Nachfolge mit klarer und offener Kommunikation gegenüber dem Team und allen Stakeholdern. Erläutere transparent deine Ziele und Visionen für das Unternehmen. Zeige Verständnis für die Unternehmenskultur und -historie, und demonstriere Wertschätzung gegenüber den bisherigen Leistungen. Vertrauen ist der Schlüssel – investiere in persönliche Beziehungen, um eine solide Grundlage für deine zukünftige Führung zu schaffen.
2. Zuhören und Lernen
Nimm dir in den ersten Wochen viel Zeit zum Zuhören und Lernen. Führe Einzelgespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Kundinnen und Kunden sowie wichtigen Lieferantinnen und Lieferanten. Höre aufmerksam zu, stelle gezielte Fragen und lerne die Stärken, Herausforderungen und verborgenen Potenziale des Unternehmens kennen. Dieses Vorgehen hilft dir, schnelle und informierte Entscheidungen zu treffen.
3. Veränderungen mit Augenmaß angehen
Viele externe Nachfolgerinnen und Nachfolger machen in den ersten Tagen und Wochen bewusst wenig sichtbar „anders“. Sie nutzen diese Phase vor allem, um das Unternehmen, die Kultur und die Menschen kennenzulernen. Es ist sinnvoll, zunächst zu lernen, zu verstehen und Vertrauen aufzubauen, bevor größere Veränderungen initiiert werden. Indem Du Dich zunächst mit der bestehenden Organisation verbindest und ihre Funktionsweise respektierst, legst Du den Grundstein für spätere, gut begründete und akzeptierte Anpassungen.
4. Schnelle Erfolge realisieren („Quick Wins“)
Identifiziere kurzfristig erreichbare Ziele und „Quick Wins“, die deine Glaubwürdigkeit stärken und Motivation im Team schaffen. Beispiele dafür sind einfache Prozessverbesserungen, schnelle Lösung akuter Probleme oder kleine, aber sichtbare Investitionen in Arbeitsumgebung oder Technologie. Diese Erfolge erhöhen deine Akzeptanz und zeigen, dass du konkrete Verbesserungen bewirkst. Dies bestätigte Lucy Geppert, Geschäftsführende Gesellschafterin bei ECKL Kamine & Solar, auf dem New Mittelstand Summit 25: „Ich habe relativ schnell kleine Maßnahmen umgesetzt, die für alle sichtbar waren: eine neue Webseite, bessere Planung, kleinere Investitionen in die Arbeitsumgebung. Das kam gut an und hat gezeigt, dass etwas vorangeht.“
5. Langfristige Perspektiven entwickeln
Neben kurzfristigen Erfolgen und dringenden Aufgaben ist es wichtig, von Beginn an langfristige Perspektiven zu entwickeln. Setze klare Meilensteine, die deine langfristige Vision für das Unternehmen verdeutlichen. So stellst du sicher, dass kurzfristige Maßnahmen stets auf die nachhaltige Entwicklung des Unternehmens einzahlen.
„Wir haben von Anfang an mit dem Team ein grobes Zielbild erarbeitet: Wo wollen wir in drei Jahren stehen? Das gibt allen Orientierung und nimmt Unsicherheit raus.“
Philipp Niemann, Managing Director @ SOS Software Service (rechts im Bild)
6. Strategische Prioritäten setzen
Setze klare strategische Prioritäten für die ersten 100 Tage und darüber hinaus. Unterscheide zwischen dringenden operativen Maßnahmen und langfristigen strategischen Zielen. Kommuniziere deine Pläne transparent und beteilige dein Team an deren Umsetzung. Eine klare strategische Ausrichtung gibt Orientierung und Sicherheit.
7. Team stärken und entwickeln
Dein Erfolg als Nachfolgerin oder Nachfolger hängt maßgeblich von deinem Team ab. Prüfe frühzeitig, ob du alle notwendigen Kompetenzen und Ressourcen an Bord hast. Identifiziere Entwicklungsbedarfe und fördere gezielt Weiterbildungsmaßnahmen. Investiere in dein Team, baue Führungskompetenzen aus und stärke den Zusammenhalt, um langfristig erfolgreiche Strukturen zu schaffen.
8. Schlüsselpersonen binden: Talente sichern und Fluktuation vermeiden
Ein häufig unterschätztes Risiko in den ersten 100 Tagen ist die Abwanderung von Schlüsselpersonen – zum Beispiel aus der zweiten Führungsebene oder besonders qualifizierten Fachbereichen. Gerade in wissensintensiven Branchen wie IT, Beratung oder Ingenieursdienstleistungen kann eine solche Fluktuation die Übernahme erheblich schwächen.
Zu den typischen Ursachen für Kündigungen nach einer Übernahme zählen:
Unsicherheit: fehlende oder unklare Kommunikation über die Zukunft des Unternehmens
Veränderungen in der Vergütung: gestrichene Boni oder Benefits, eingefrorene Gehälter
Kulturkonflikte: neue Strukturen, die bisherige Arbeitsweisen behindern
Karrieresorgen: unklare Entwicklungsmöglichkeiten unter der neuen Führung
Verlust von Autonomie: mehr Hierarchie und Genehmigungsprozesse
Um diesen Risiken vorzubeugen, lohnt es sich, Schlüsselpersonen von Beginn an aktiv einzubinden:
Führe gezielte Einzelgespräche mit kritischen Mitarbeitenden möglichst direkt nach dem Closing.
Biete bei Bedarf individuelle Retention-Vereinbarungen oder Bleibe-Boni an.
Kommuniziere die nächsten Schritte und Deine Erwartungen klar, möglichst persönlich.
Respektiere bewährte Führungsstrukturen und integriere Veränderungen behutsam.
Erarbeite individuelle Entwicklungspläne für besonders wichtige Teammitglieder.
Der Grundsatz dabei: Nicht Kultur erzwingen, sondern entwickeln. Wer Vertrauen aufbaut und auf individuelle Bedürfnisse eingeht, erhöht die Chance, dass die Leistungsträger dem Unternehmen erhalten bleiben.
9. Umgang mit Herausforderungen und Widerständen
Sei darauf vorbereitet, dass Veränderungen auch Widerstände hervorrufen können. Begegne Herausforderungen offen und lösungsorientiert. Kommuniziere verständnisvoll und binde Kritikerinnen und Kritiker aktiv in den Veränderungsprozess ein. Durch partizipative und respektvolle Führung kannst du Widerstände reduzieren und die Akzeptanz für neue Wege erhöhen.
Worauf es bei den ersten 100 TageN ankommt
Die ersten 100 Tage sind von entscheidender Bedeutung. Transparenz, Kommunikation und Vertrauen sind essenziell. Ein ausgewogener Mix aus Zuhören, Lernen und schnellen Erfolgen schafft Akzeptanz. Klar formulierte strategische Ziele, Teamförderung und konstruktiver Umgang mit Herausforderungen legen den Grundstein für langfristigen Erfolg.